Aufgezeichnet mittels Kohle und Graphit schweben Linien, Striche, Strukturen und Zeichen in Bildräumen, oszillieren teils fragile, teils kräftige Gebilde zwischen zweiter und dritter Dimension, zwischen Fläche und Raum. »Zeichen im Raum« war dann auch der Übertitel einer vorausgegangenen Serie von Arbeiten und in der Tat bildet ein Vorrat von einfachen, ja minimalistischen Zeichen, eingepasst in oft leere Bildräume das Grundprinzip eines steten Wechsels von Festigkeit und Auflösung, Stillstand und Bewegung. Die Konstituierung von Ordnung als zerbrechlichen, temporären Zustand zu zeigen, dessen wir uns nie lange sicher sein können im Kontrast zur Übermacht des Chaos, der Unwägbarkeit, des Vergehens, des Nichts - das scheint eines der Hauptanliegen Bachhofers zu sein. So entstehen verschiedenste Ausformungen einer scheinbaren Stabilität, deren unmittelbar bevorstehenden Zerfall der Betrachter oft unwillkürlich im nächsten Augenblick erwarten würde, handelte es sich nicht um Bilder, sondern um Skulpturen. Sind die Linien, wie in einigen der Bilder, nicht mehr unmittelbar miteinander verbunden, wirken sie wie eine »Explosionszeichnung«, ein Videostill von in stärkster Bewegung befindlicher Mikadostäben. Manche der Gitterstrukturen, geknickte Raster oder Linienformationen sieht man förmlich, wie sie sich voneinander weg, aufeinander zu und ineinander verdrehend bewegen, wie eine Art eingefrorenes Mobile. Wobei wir dabei sind, die Zweidimensionalität zu verlassen und uns die künstlerische Idee skulptural umgesetzt vorzustellen. Schon in den achziger Jahren zeigte Bachhofer seine spektakuläre mechanische Skulptur Kryll im Kunstforum des Münchner Lenbachhauses, ein aus mehreren Eisengliedern bestehendes meterlanges, krallenförmiges Objekt, das sich mittels verborgener pneumatischer Steuerung permanent rhythmisch öffnete und schloss. Bewegung und Statik, Ordnung und Leere, Stabilität und Vergehen sind Konstante im Werk. So wirken manche der abgebildeten Arbeiten wie dreidimensionale Objekte, die sich im Zustand des Entstehens oder der Dekonstruktion befinden. Andere Beispiele für die Übertragung zeichnerischer Elemente in die dritte Dimension finden sich u.a. in der Innengestaltung einer evangelischen Kirche bei Erding, einer Deckenarbeit im Klinikum rechts der Isar, einer Metall-Bodenarbeit in einer Galerie am Gärtnerplatz in München oder einer Wandinstallation in einem Hof in der Schleißheimerstraße in München. Bachhofers Zeichnungen implementieren in ihrem Zustand des Fließenden, Weichen, Ephemeren einerseits, dem ununterbrochenen Drang, sich zu organisieren andererseits, in nahezu asketischer Reduktion Referenzen untereinander und zueinander. Indem die Strukturen dabei oft vor mehr oder weniger leerem Hintergrund schwebend verharren - Bachhofer verwendet neben Tuschegründen auch stark vergrößerte und verfremdete Fotoausschnitte als Hintergrund seiner grafischen Arbeiten - öffnen sie Abbildungsräume, für das, in Anführungszeichen - »Mobiliar« an Lineaturen und Zeichen und vergegenständlichen diese dadurch noch in stärkerem Maße. In den Zeichnungen ab ca. 2010 zeigt sich zunehmendes Interesse am Gegenständlichen. So entstehen Anmutungen von Landschaftsräumen, von Meer, von instabilen Flugkörpern oder Booten. Dabei steht das Spiel mit den Möglichkeiten der Zeichnung, der Linie und der Fläche im Zentrum von Bachhofers künstlerischer Arbeit, die sich zwischen äußerster Reduktion und dicht gewebten, komplexen Kompositionen bewegt.

H.Göller.

Aufgezeichnete Schwingungen